Was bringt Akupunktur? Zumindest wenig Evidenz

Das Setzen von dünnen Nadeln auf spezielle Körperpunkte soll Energien ausgleichen und die Gesundheit fördern. In einem systematischen Review wurden nun Sicherheit und Evidenz dieser alten asiatischen Behandlungsmethode überprüft.


Neue Daten analysiert

Randomisierte Studien und systematische Übersichtsarbeiten zur Wirkung von Akupunktur gibt es durchaus in größerer Zahl, über deren Evidenz herrscht allerdings weitestgehend Unklarheit. Um die Aussagekraft der bestehenden Untersuchungen zu beurteilen und politische Entscheidungen daraus abzuleiten, gab das US-amerikanische Department of Veterans Affairs bereits im Jahr 2013 eine Evidenzkarte in Auftrag. Diese Form der systematischen Prüfung sollte sowohl den Stand der Evidenz als auch offene Fragen und zukünftigen Forschungsbedarf zum breitgefächerten Thema Akupunktur identifizieren. Aufgrund der mittlerweile veralteten Daten erfolgte nun eine erneute systematische Untersuchung zu diesem Thema unter Berücksichtigung aktueller Studien.

Evidenz weiterhin problematisch

434 systematische Übersichtsarbeiten aus den Datenbanken PubMed, Allied and Complementary Medicine Database (AMED), Cochrane Database of Systematic Reviews (CDSR), Web of Science und Database of Abstracts of Reviews of Effects (DARE) zu 56 verschiedenen Gesundheitsbereichen aus dem Zeitraum 2013 bis 2021 dienten als Basis für die Bewertung. Darin flossen Arbeiten zur Beurteilung von Sicherheit, Qualität oder Evidenzstärke von Ganzkörper-, Ohrmuschel- sowie Elektroakupunktur bei Erwachsenen ein.

Trotz einer großen Anzahl randomisierter Studien fanden die Autoren nur wenige Schlussfolgerungen mit mittlerer oder gar hoher Evidenzsicherheit. Die meisten davon betrafen Vergleiche mit Scheinbehandlungen im Rahmen einer Schmerztherapie. Die Autoren fanden lediglich vier Bewertungen mit hoher Evidenz, 31 ergaben eine mäßige, die übrigen wurden mit niedriger oder sehr niedriger Aussagekraft bewertet.

Option in der Schmerzbehandlung

Die meisten positiven Ergebnisse betrafen die Behandlung von Schmerzen. Den größten Benefit ergaben die Auswertungen für den Einsatz bei Fibromyalgie sowie – wenn auch in weniger Studien dokumentiert – für Schulterschmerzen. Ebenso wurde der Elektroakupunktur bei Schlaganfall eine hohe Evidenzsicherheit bescheinigt.

Akupunktur ist in der Nachbehandlung des Fibromyalgie-Syndroms zur Schmerzlinderung, Verbesserung der Schlafqualität und Verbesserung des Allgemeinbefindens effektiver als Scheinakupunktur.

Zumindest eine moderate Evidenz-Bewertung erhielten Arbeiten zur Akupunktur bei

  • akuten und chronischen muskuloskelettalen Schmerzen
  • Spannungskopfschmerz
  • Migräne
  • postoperativen Schmerzen
  • Funktionsstörungen im Kiefergelenk
  • chronischer Prostatitis bzw. chronischem Beckenschmerzsyndrom
  • akuter Pankreatitis
  • Angina pectoris
  • Herpes zoster und Post-Zoster-Neuralgie sowie
  • entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarmsyndrom.

Im Bereich der psychischen Erkrankungen konnte Akupunktur für altersbedingte Insomnie und Tabakmissbrauch sowie Angst vor einer OP und Depressionen in der Schwangerschaft eine mäßige Evidenz verzeichnen. Untersuchungen zu den meisten übrigen Einsatzgebieten fanden sich lediglich mit (sehr) niedriger Belastbarkeit.

Es gibt keine Evidenz für die Wirksamkeit oder Sicherheit der Elektroakupunktur zur Reduzierung des verschriebenen Opioidmenge bei chronischem Schmerz.

Zumindest meist kein Schaden

Schlussfolgerungen mit moderater oder hoher Evidenz mit dem Ergebnis, dass Akupunktur anderen Therapien überlegen ist, waren selten. Beweise für eine Einstufung von Akupunktur als gesundheitsschädlich waren jedoch ebenfalls die Ausnahme. Überwiegend wurde Akupunktur im Vergleich mit üblichen Behandlungen als mindestens genauso sicher bewertet.

In den eingeschlossenen Reviews wurden auch unerwünschte Ereignisse im Rahmen von Akupunkturbehandlungen dokumentiert. Darunter lag die höchste Evidenz für Migräne, Verstopfung und Depression vor.

Fazit: mehr Studien nötig

Abschließend bleibt als Resümee der Studienautoren ein hoher Bedarf an weiteren Forschungen für eine bessere Evidenzlage bestehen. Hier können vor allem Studien mehr Licht ins Dunkel bringen, die Akupunktur nicht mit Scheinbehandlungen, sondern mit anderen empfohlenen, akzeptierten oder aktiven Therapien für die Erkrankung vergleichen.

Quelle

Allen J, Mak SS, Begashaw M, et al. Use of acupuncture for adult health conditions, 2013 to 2021 – a systematic review. JAMA Netw Open 2022;5(11):e2243665. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.43665.