Therapie von langanhaltendem Schluckauf

Beim Workshop Arzneimitteltherapie und Symptomkontrolle 2022 – Palliativmedizin stellte Stefanie Pügge, Apothekerin im Kompetenzzentrum Palliativpharmazie der LMU München, Möglichkeiten vor, einen andauernden Schluckauf zu kurieren. Zugelassene Therapien stehen dafür jedoch nicht zur Verfügung.

Seltene Symptome in der Palliativmedizin

Im palliativen Setting stehen therapeutische Teams häufig vor Herausforderungen. Beispielsweise sind gängige Therapien oft ausgeschöpft oder aus diversen Gründen nicht einsetzbar. Überdies können ungewöhnliche, seltene Symptome – sogenannte Orphan Symptoms – auftreten und eine Behandlung erfordern. Häufig sind für diese jedoch keine Arzneimittel zugelassen.

Ein solches Symptom ist der chronische (> 48h) oder therapierefraktäre (> 1 Monat) Singultus (Schluckauf). Es sind über 200 Ursachen für Schluckauf bekannt, beispielsweise Refluxkrankheit, Arzneimittel wie Glucocorticoide, Sulfonamide oder Benzodiazepine, verschiedene Tumoren oder psychische Auslöser.

Gefährlich ist auch ein chronischer Schluckauf nicht, das Symptom kann aber sehr belastend sein und zu Folgeerscheinungen wie Schmerzen, Schlafstörungen oder Mangelernährung aufgrund verringerter Nahrungszufuhr führen. Laut einem Cochrane-Review von 2013 ist die Evidenz für verschiedene Schluckauf-Behandlungen dünn und neuere Arbeiten sind nicht verfügbar, so Pügge.

Nichtmedikamentöse Maßnahmen

Als erstes sollten nichtmedikamentöse Maßnahmen zum Einsatz kommen. Viele davon sind auch dem Laien für den akuten Schluckauf bekannt.

  • Nasale und pharyngeale Stimulation: z.B. Druck auf Nasenwurzel oder Oberlippen, Gurgeln, schnelles Trinken, Lutschen eines Zuckerwürfels, Herausziehen der Zunge
  • Atemmanöver: z.B. Luft anhalten, in eine Tüte atmen, Valsalva-Manöver (bekannt als Druckausgleich schaffen beim Fliegen), Thoraxkompression durch Knie an die Brust ziehen/vorbeugen
  • Weitere Möglichkeiten sind z.B. Erschrecken, Massage des Oberbauchs oder Akupunktur

Arzneimitteltherapie

In Deutschland ist kein Arzneimittel für die Therapie des Schluckaufs zugelassen, d.h. alle medikamentösen Behandlungsversuche erfolgen off Label.

Zunächst sollte versucht werden, die Ursache des Schluckaufs zu klären – bleibt dies jedoch unklar, kann ein Therapieversuch mit Protonenpumpenhemmern erfolgen, da Reflux eine häufige Ursache darstellt.

Ist der Schluckauf gastral bedingt, sind Protonenpumpenhemmer und Metoclopramid Mittel der ersten Wahl, letzteres auch bei peripheren, nicht-gastralen Ursachen. Metoclopramid konnte in einigen Studien und Fallberichten eine Verbesserung der Symptome nachweisen im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln wie Gabapentin oder Lidocain. Bei Palliativpatienten mit kurzer Lebenserwartung überwiegt der Nutzen der Therapie das Risiko der extrapyramidalen Nebenwirkungen bei Langzeitanwendung.

Ist der Schluckauf durch ZNS-Schäden bedingt, sollte bevorzugt Baclofen eingesetzt werden (auch Mittel der zweiten Wahl bei gastrointestinaler Ursache, da es auf das Zwerchfell wirkt).

Befindet sich der Patient in den letzten Lebenstagen oder ist eine Sedierung gewünscht, kann Midazolam als Alternative erwogen werden.

Quelle

Dr. Constanze Rémi, Dr. Aleksandra Dukic-Ott, Stefanie Pügge. Behandlung von Orphan Symptomen. Workshop Arzneimitteltherapie und Symptomkontrolle 2022, Palliativmedizin, 24. und 25. November (in München und virtuell).