Prominenzfaktor als Publikationsbias

Man wusste es eigentlich schon immer, doch jetzt hat eine Forschungsgruppe die entsprechende Studie zum Beweis geliefert: Arbeiten prominenter Wissenschaftler werden eher publiziert. Zwar stammt die Studie nicht aus der Medizin, doch die Ergebnisse gelten sicher über die Wirtschaftswissenschaften hinaus.

Nobelpreisträger publizieren leichter

Eigentlich sollte bei einem Peer-Review-Verfahren nur der Inhalt eine Rolle spielen und nicht, wer die Autoren sind oder woher sie stammen. Doch dem ist mitnichten so. Um die Ungleichbehandlung im Begutachtungsprozess von Artikeln in wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu belegen, führte ein Forschungsteam der Universitäten Innsbruck und Graz sowie der Chapman University in den USA ein einfaches Experiment durch.

Vernon Smith, Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2002 und Professor der Chapman University in den USA, verfasste gemeinsam mit dem Nachwuchswissenschaftler Sabiou Inoua, der ebenfalls an der Chapman University forscht, einen wissenschaftlichen Artikel. Diesen reichten die beiden Autoren schließlich beim „Journal of Behavioral and Experimental Finance“ zur Begutachtung ein. Der Herausgeber der Fachzeitschrift, der ebenfalls Mitglied des Forschungsteams war, verteilte den Artikel an insgesamt 3300 Gutachter, von denen 534 die Einladung zur Begutachtung annahmen. Sie erhielten alle denselben Artikel, jedoch unterschiedliche Angaben zu den beteiligten Autoren: Eine Gruppe erfuhr, dass einer der Autoren der Nobelpreisträger Vernon Smith war, eine zweite Gruppe erfuhr nur, dass einer der Autoren Nachwuchswissenschaftler Sabiou Inoua war, und eine dritte Gruppe erhielt keine Informationen zu den Autoren.

  • Von den Gutachtern, die keine Informationen über die Autoren des Fachartikels erhielten, lehnten knapp 50 % die Publikation ab.
  • In der Gruppe der Gutachter, die nur von einem unbekannten Nachwuchswissenschaftler als Autor wussten, lehnten 65 % die Publikation ab.
  • In der Gruppe, die wusste, dass einer der Autoren ein Nobelpreisträger war, empfahlen nur rund 23 % die sofortige Ablehnung.

Rudolf Kerschbamer, Professor am Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Universität Innsbruck führt dieses Ergebnis auf den „Halo-Effekt“ zurück:

Dieses aus der Sozialpsychologie bekannte Phänomen besagt, dass Handlungen und Werke von Personen, von denen man einen positiven Eindruck hat, grundsätzlich positiver wahrgenommen werden als jene von unbekannten Personen oder von Personen, denen man nicht so viel zutraut.

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht. Sie sollten uns nachdenklich stimmen und das Begutachtungsverfahren wissenschaftlicher Arbeiten überdenken lassen.

Quelle