Karpaltunnelsyndrom ohne OP behandeln

Nicht immer muss operiert werden. Physiotherapie und manuelle Therapien lindern ebenfalls die Symptome eines Karpaltunnelsyndroms, wie ein Review zeigte.

Engstelle mit spürbaren Folgen

Beim Karpaltunnelsyndrom führt ein Engpass an der Handwurzel dazu, dass der dort verlaufende Nerv unter Druck gerät. Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühle sind die Folge. Auf Dauer können sich zunehmende sensorische und motorische Ausfallserscheinungen und Parästhesien bis hin zu Greifschwäche und Funktionseinbußen der Hand entwickeln.

Die klassische Behandlung erfolgt laut S3-Leitlinie (PDF) zunächst konservativ mit einer Handgelenksschiene. Ergänzend sollen Glucocorticoide, allenfalls eine Low-Level-Lasertherapie eingesetzt werden. Nach wie vor gilt jedoch die operative Dekompression als Mittel der Wahl bei anhaltenden sensiblen und/oder motorischen Ausfallserscheinungen.

Nichtinvasive Interventionen funktionieren

Doch auch andere Behandlungsmethoden sind einen Versuch wert. Laut den Studienautoren einer Übersichtsarbeit kommen in der Praxis bereits viele etablierte physio- und sporttherapeutische Interventionen zum Einsatz, deren Effektivität in Interventionsstudien belegt werden konnte. Darunter fallen manuelle Therapieformen wie Neurodynamik, Kinesiotaping und verschiedene Mobilisationstechniken sowie physikalische Therapien wie Laser- und Ultraschalltherapie, außerdem Yoga.

Im Review wurden randomisierte, kontrollierte Studien ausgewertet, in denen eine physio- oder sporttherapeutische Intervention verglichen wurde mit
• einer anderen nichtoperativen Intervention,
• einer anderen physio- oder sporttherapeutischen Therapieform,
• Placebo/Warteliste oder
• einer Operation.

Die Analyse kam zu dem Ergebnis, dass die nichtinvasiven, nichtmedikamentösen Therapien ebenfalls die Symptome reduzieren sowie die Funktionalität der Hand verbessern können.

Manuelle Mobilisationstechniken bewirken bereits nach 2 Wochen relevante Verbesserungen.

Die manuelle Therapie erwies sich im Vergleich zur OP als schneller und langfristig gleichermaßen zielführend in Bezug auf Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Bereits nach zweiwöchiger Behandlung erzielte sie klinisch relevante Verbesserungen der Symptomstärke, der Schmerzintensität und der Funktionalität der Hände.

Auch die anderen Methoden zeigten positive Effekte. Dabei scheinen physiotherapeutische Behandlungen besonders effektiv in Kombination mit weiteren nichtinvasiven Behandlungsoptionen, beispielsweise der Schienenversorgung, zu sein.

Schnelle Effekte und andere Vorteile

Insgesamt zeigten alle sport- und physiotherapeutischen Interventionen bereits nach zwei Wochen positive Effekte. Zudem eigneten sich einige Übungen auch zur eigenständigen ambulanten Durchführung. Zusätzlich entfallen Operationsrisiken, langwährende postoperative Phasen und die Kosten sind geringer.

Die Studienautoren schlussfolgern, dass sich in der Therapie eines leichten bis mittelschweren Karpaltunnelsyndroms physio- und sporttherapeutische Interventionen vor allem durch frühzeitige und vergleichbare Erfolge wie nach operativem Eingriff und dreimonatiger postoperativer Behandlung auszeichnen. Für klare Handlungsempfehlungen sind jedoch weitere randomisierte, kontrollierte Studien hoher methodischer Qualität mit längeren Follow-up-Zeiträumen erforderlich.

Quelle

Gräf JK, Lüdtke K, Wollesen B. Physio- und sporttherapeutische Interventionen zur Behandlung eines Karpaltunnelsyndroms. Eine systematische Übersichtsarbeit. Der Schmerz 2022;4. https://doi.org/10.1007/s00482-022-00637-x.