Wiederkehrende Blasenentzündung: Wie wirksam ist Cranberry?

In einem aktuellen HTA-Bericht des IQWiG wurde der Nutzen einer Cranberry-Behandlung bei wiederkehrender Blasenentzündung untersucht.

Rezidivierende Blasenentzündung

Häufiger Harndrang und Schmerzen beim Wasserlassen sind typische Beschwerden bei einer Blasenentzündung (Urozystitis). Treten die Symptome mindestens zweimal in einem halben Jahr oder dreimal innerhalb eines Jahres auf, spricht man von einer rezidivierenden Urozystitis. Bei jungen Frauen treten rezidivierende Blasenentzündungen  mit einer Inzidenz von 1 bis 5% sehr häufig auf. Zwar ist die Infektion nicht bedrohlich, dennoch werden körperliche Intimität, Sozialkontakte und das Selbstwertgefühl beeinträchtigt. Im Durchschnitt bleiben die Betroffenen ein bis zwei Tage von der Schule oder Arbeit fern.

Nichtantibiotische Prophylaxe

Für die Prophylaxe stehen unterschiedliche nicht-antibiotische Optionen zur Verfügung. Beispielsweise eine Immunprophylaxe mit Zellwandfraktionen uropathogener Escherichia-coli-Stämme oder verschiedene Phytopharmaka – darunter auch Cranberry-Extrakt.

Nutzen von Cranberry-Produkten?

In der interdisziplinären Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie wird bei bakteriellen, ambulant erworbenen Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patientinnen aufgrund der widersprüchlichen Studienergebnisse eine Langzeitprävention mit Cranberry- oder Moosbeerenprodukten (Saft, Kapseln, Tabletten, getrocknete Beeren) nicht empfohlen.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einem vorläufigen Health Technology Assessment (HTA)-Bericht noch einmal den Nutzen einer Phytopharmaka-Behandlung bei Patientinnen ab 16 Jahren mit einer unkomplizierten rezidivierenden Urozystitis analysiert.

Heterogene Studienlage

Eingeschlossen wurden insgesamt 15 Studien mit insgesamt neun Pflanzen(teilen). In den meisten Studien wurden Cranberry-Präparate untersucht.

Innerhalb der untersuchten Cranberry-Präparate bestanden große Unterschiede bei der Zusammensetzung (Kombinationspräparate, Monopräparate). Die unterschiedlichen Darreichungsformen umfassten Säfte, Extrakte und Pulver. Die Vergleichbarkeit der Dosierungen ließ sich nicht beurteilen, da die Angaben zur Herstellung der Präparate unzureichend waren.

In den meisten Studien wurden Daten zum Endpunkt Rezidivrate oder zum Endpunkt Zeitraum bis zum Rezidiv oder zu beiden Endpunkten berichtet.

Zusatznutzen für Cranberry

Insgesamt ergibt sich ein Hinweis auf einen Nutzen von Cranberry im Vergleich zu Placebo bei der Verringerung der Rezidivrate und bei der Verlängerung des Zeitraums bis zum ersten Rezidiv. Die Rezidivrate wurde in einer Metaanalyse aus sechs Studien mit Cranberry-Extrakt im Vergleich zu Placebo um ca. 40 % gesenkt.

Im Vergleich mit Antibiotika ergibt sich ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen von Cranberry bei der Rezidiv-Vermeidung im Vergleich mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol.

Auch Vorteil für andere Phytopharmaka

Auch ein Präparat aus Bärentraubenblättern und Löwenzahn scheint im Vergleich zu Placebo einen Zusatznutzen zu haben. Ebenso eine Kombination aus Liebstöckelwurzel, Rosmarinblättern und Tausendgüldenkraut in Kombination mit Antibiotika im Vergleich zur alleinigen Antibiotikatherapie.

Langzeitprävention mit Cranberry ist eine Option

Eine antibiotische Langzeitprävention über drei bis sechs Monte wird erst bei häufig rezidivierender Zystitis nach Versagen von Verhaltensänderungen und nicht-antibiotischen Präventionsmaßnahmen sowie bei hohem Leidensdruck der Patientin empfohlen.

Deshalb macht die Einnahme von Cranberry-Präparaten durchaus Sinn, zumal sich hier auch keine Antibiotikaresistenzen ausbilden können. Die Kosten für eine solche Prophylaxe sind von den Patientinnen allerdings selbst zu tragen Die derzeitige Studienlage erlaubt jedoch keine Schlüsse über die wirksamste Dosierung oder Applikationsform. Was den Geschmack – und damit auch die Compliance – angeht, werden viele Betroffene den Saft wahrscheinlich nicht bevorzugen.

Quelle

IQWiG. ThemenCheck Medizin. Vorläufiger HTA-Bericht „Blasenentzündung – Helfen pflanzliche Mittel bei wiederkehrender Blasenentzündung?“ HTA-Nummer: HT20-01, Version 1.0, Stand 07.10.2021. HT20-01 – Pflanzliche Mittel bei Blasenentzündung – Vorläufiger HTA-Bericht – Version 1.0 (iqwig.de).