Adventskranz

„Festtagslaub“ in Maßen genießen

Mit Weihnachten ist auch der grüne Weihnachtsschmuck wieder da. Welchen Schaden weihnachtliche Pflanzen anrichten könnten, haben sich George R. Huntington und Megan L. Byrne in einem weiteren Beitrag der BMJ-Weihnachtsausgabe gefragt.

Bitterer Weihnachtsschmuck?

Für ihre Erhebung sammelten die Autoren Informationen zu typischerweise in der Weihnachtszeit verwendeten Pflanzen in Großbritannien. So ist manch ein Ratschlag wahrscheinlich nur zu verstehen, wenn man mit britischen Weihnachtstraditionen, -gedichten und -liedern vertraut ist. Wir versuchen dennoch, hier eine Auswahl der Literaturrecherche zu geben. Für die gesamte Auflistung der Gefahren, die von pflanzlicher Weihnachtsdekoration ausgehen könnte, sei auf die Originalarbeit inklusive „Visual Abstract“ verwiesen.

Die wichtigste Nachricht zuerst: Weihnachtsbäume gelten als relativ sicher – auch um drum herum zu „rocken“.

Ein typischer Vertreter im Weihnachtsgrün ist Efeu (Hedera helix), das als mindergiftig anzusehen ist. Blätter und Beeren der Stechpalme (Ilex aquifolium) enthalten Saponine und Alkaloide, die bei Verzehr großer Mengen Übelkeit, Erbrechen und Herzrhythmusstörungen verursachen können. In seltenen Fällen kann der Verzehr zu Schläfrigkeit, Hyperthermie und Ataxie führen.

Wer einen Birnbaum (oder 12) geschenkt bekommt, sollte vom Verzehr der Birnensamen absehen: Sie enthalten Amygdalin, ein cyanogenes Glykosid, das im Magen-Darm-Trakt zu Cyanidverbindungen metabolisiert wird. Zwar gäbe es, so die Autoren, keine Berichte über Cyanidvergiftungen beim Menschen durch den Verzehr von Birnensamen, doch bei zwölf Bäumen (samt Früchten) käme schon eine beachtliche Menge an Samen zusammen.

Kommen wir zu einem bekannteren Vertreter britischer Weihnachtstraditionen: die Mistel. Das vielleicht berühmteste Beispiel einer katastrophalen Kombination sei den Autoren zufolge Cliff Richards „Mistletoe and Wine“ (Die Verlinkung der Quelle habe ich hier nicht übers Herz gebracht). Alle Teile der europäischen Mistel (Viscum album) sind giftig und enthalten Viscotoxine und Lektine (darunter Ricin), die die zelluläre Proteinsynthese hemmen. Die Konzentration der Viscotoxine hängt vom Wirt ab, auf dem die Mistel wächst. Die Beeren sind der am wenigsten toxische Teil der Pflanze, ihr Verzehr verursacht „nur“ Magen-Darm-Beschwerden.

In Weihnachtskränzen wird mitunter Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara) verwendet, dessen rote Beeren Solanin enthalten. Die Einnahme kann zu unangenehmen Bauchkrämpfen führen. Die in der europäischen Eibe (Taxus baccata) enthaltenen Taxine und Herzglykoside führen Herzrhythmusstörungen, anhaltender Hypotonie und Bradykardie.

Vor allem winterblühende Pflanzen sind als Innendekoration beliebt. Zu den „sicheren“ Weihnachtsblumen gehören Alpenveilchenarten (Cyclamen spp.), Weihnachtskaktus (Schlumbergera truncata) und Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima). Den Autoren zufolge hat der Weihnachtsstern seinen Ruf, giftig zu sein, zu Unrecht erworben. Man sollte den Pflanzensaft allerdings nicht in die Augen bekommen.

Anders die Christrose (Helleborus niger): Sie enthält Herzglykoside (Hellebrin, Helleborin), die bei Verzehr Digoxin-ähnliche Wirkungen haben können (Sinusbradykardie und atrioventrikulärer Block), sowie Magen-Darm-Beschwerden und Nierenschäden. Todesfälle wurden den Autoren zufolge bislang jedoch nicht berichtet.

Und wenn es tatsächlich mal zu einer Vergiftung kommen sollte, steht einem das Fachpersonal der Vergiftungs-Informations-Zentrale beratend zur Seite. Im Beitrag „Adventsgrün: Kinder vor Vergiftungen schützen“ haben wir zudem wichtige Erste-Hilfe-Maßnahmen und Telefonnummern zusammengefasst.

In der richtigen Dosis zum Verzehr geeignet

Zwar kommen Pflanzen auch im Weihnachtsessen vor, die größten Gefahren gehen hier aber vermutlich von der Gesamtkalorienmenge und dem zugeführten Alkohol aus.

Doch natürlich lassen die Autoren Zimt und Muskatnuss nicht unerwähnt. Es wusste ja schon Paracelsus:

All things are poison, and nothing is without poison; the dosage alone makes it so a thing is not a poison.

So raten sie dringend von der Teilnahme an einer „Cinnamon Challenge“ ab, die vor einigen Jahren auf diversen Online-Plattformen in Mode waren. Ebenso gefährlich wie dumm wäre vermutlich eine „Nutmeg Challenge“.

Genießen wir also unser „Festtagslaub“ in Maßen. Frohe Weihnachten!

Quelle

Huntington GR, Byrne ML. The holly and the ivy: a festive platter of plant hazards. BMJ 2021;375:BMJ-2021-066995, doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2021-066995 (Published 15 December 2021)