Wie erging es Schmerzpatienten während der Corona-Pandemie? Über gemischte Reaktionen berichteten Experten im Rahmen des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses vom 19. bis 23. Oktober.
Erschwerte Bedingungen
Lange Wartezeiten beim Arzt, reduzierter Zugang zu Diagnostik- und Versorgungsmöglichkeiten und ausgefallene Therapien: So manche Praxis, Ambulanz und Tagesklinik musste in den letzten Monaten ihre Türen schließen. Die besondere Situation schränkte auch die Behandlungsmöglichkeiten für viele Schmerzpatienten ein. Wer seine Therapie unterbrechen oder ungewollt in die Länge ziehen musste, bekam die Auswirkungen im wahrsten Sinne des Wortes zu spüren.
Zusätzliche Belastung
„Insbesondere Menschen mit Muskel-, Gelenk- und polyneuropathischen Schmerzen ging es während des Lockdowns tendenziell schlechter“, berichtete Professor Dr. med. Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerztherapie in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena und Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft auf der Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses 2021. Viele Patienten empfanden vermehrt anhaltende Schmerzen und Schwäche. Trotz heterogener Studienergebnisse konnte jedoch keine generelle Zunahme der Beschwerden beobachtet werden.
Homeoffice und Bewegungseinschränkungen kommen einer verminderten Mobilität und Aktivität entgegen.
Einsamkeit vs. wohltuende Ruhe
Ob der Lockdown das Befinden negativ beeinflusst hat, scheint eine Frage der individuellen psychosozialen Situation und der persönlichen Einstellung zu sein. Schmerzpatienten, die unter Ängsten und Depressionen leiden und sich ohnehin einsam oder isoliert fühlen, empfanden die Corona-Ausnahmesituation als besonders belastend. Ganz anders sieht das Resümee von Patienten aus, die sich im Alltag eher getrieben und unter Druck gesetzt fühlen. Für sie war der Lockdown eine Erleichterung: Weniger Stress, kaum Termine oder soziale Verpflichtungen und kein Grund mehr sich wegen ihrer Beschwerden ständig rechtfertigen zu müssen. Ähnliches bestätigte Professor Dr. med. Andreas Straube, Oberarzt an der Neurologischen Klinik und Poliklinik der LMU München für Kopfschmerzpatienten.
Verantwortung übernehmen
Prof. Meißner sah die große Bedeutung der Selbstkompetenz von Schmerzpatienten während der Pandemie bestätigt. Wer das Management seiner Erkrankung aktiv in die Hand nimmt, ist auch in herausfordernden Situationen besser aufgestellt.
Quelle
Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses (19. bis 23. Oktober 2021) der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG). „Wissen schaffen – Wissen leben“ am Mittwoch, 20. Oktober 2021.