Umgang mit Impfskeptikern

Beim diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin, der vom 6. bis 9. Oktober 2021 in Berlin und virtuell stattfand, gab Prof. Dr. med. Horst von Bernuth von der Charité in Berlin hilfreiche Tipps im Umgang mit Menschen, die Impfungen gegenüber skeptisch reagieren oder Impfmythen anhängen.

Warum glauben Menschen an Impfmythen?

Mythen sind unscharf mit unklarem Evidenzlevel, gleichzeitig sind sie weit verbreitet und teilweise quasi ,,Allgemeinwissen“. Damit haben sie etwas erzählungshaftes an sich – und Erzählungen bzw. Geschichten sind das, was Menschen zusammenhält und woran man sich erinnert.

 Meine Mutter hat immer gesagt …

Diese Geschichten führen gemeinsam mit persönlichen Geschichten aus dem eigenen Umfeld zu einer großen individuellen Sorge. Diesen wird oft mit allgemeinen Empfehlungen begegnet, beispielsweise derzeit im Fall der SARS-CoV-2-Impfung mit staatlichen Aufklärungskampagnen.

Impfgegner versus Impfskeptiker

Nicht alle (teilweise) ungeimpften Menschen sind Impfskeptiker oder gar Impfgegner. Rund zwei Drittel davon haben die entsprechende Impfung schlichtweg vergessen. Etwa ein Drittel ist skeptisch und unter 1% sind wirkliche Impfgegner.

Bei Impfskeptikern wird die Schlacht geschlagen. Wir müssen uns nicht um die Impfgegner kümmern, die beinhart die Sache verweigern. Da sollten wir keine Zeit investieren.

Wie kann man Skeptiker überzeugen?

Von Bernuth vertrat die Ansicht, dass Aufklärungskampagnen oder Ähnliches wenig bringen. Man dürfe auf individuelle Sorgen nicht mit allgemeinen Empfehlungen reagieren – damit erreiche man die Skeptiker nicht. Vielmehr müsse in der Kommunikation die individuelle Frage des Skeptikers konkret beantwortet werden („Keine Pauschalsätze!“).

Überdies ist die persönliche Ebene zwischen Arzt und Patient hilfreich, da viele Menschen eher Vertrauen in einzelne Personen als in Institutionen haben. So ist der langjährige Kinderarzt für viele vertrauenswürdiger als Informationskampagnen.

Man sollte auch nicht die von Patienten angeführten Mythen wiederholen und dagegen argumentieren, sondern besser mit eigenen Erzählungen, die für die Impfung sprechen, aufwarten. So kann beispielsweise auf ein „die Masernimpfung verursacht Autismus“ mit „Ich habe das noch nicht erlebt. Ich habe zwei Kinder mit subakuter sklerosierender Panenzephalitis (SSPE) nach Masern-Erkrankung erlebt“ reagieren. Gleichzeitig dürfe man aber nicht behaupten, dass alle Impfungen 100%ig sicher seien – auch das ist ein – wenn auch von manchen Ärzten genutzter – Mythos, um Skeptiker zu überzeugen.

Ein Arzt sollte Verständnis äußern für die Sorge seiner Patienten, darf oder muss sogar manchmal aber klare Kante zeigen und bei falschen Theorien seiner Patienten sagen: „Das ist einfach nicht richtig!“

Quelle

Prof. Dr. med. Horst von Bernuth. Mythen über Impfungen. Kongress für Kinder- und Jugendmedizin, 6. bis 9. Oktober 2021 (in Berlin und virtuell).

Für Interessierte

Im Rahmen des „Grippe-Gipfels“, einer Fortbildungsreihe in der DAV-Akademie von Oktober 2021 bis Juli 2022 berichten Dr. med. Hanna Zappe & Josef Kammermeier ab dem 22. Oktober im Vortrag „Grippeschutz in der Beratung: Tipps, Tricks und Bedeutung im Alltag“ ebenfalls über den Umgang mit (Influenza-)Impfgegnern.