Genauer hinschauen unter HCT

Eine Hydrochlorothiazid-Einnahme scheint nicht nur das Risiko für weißen Hautkrebs zu erhöhen. So die Daten einer aktuellen Kohortenstudie aus Kanada.

Vermehrtes Auftreten von nichtmelanozytärem Hautkrebs unter HCT

Der wichtigste Umweltfaktor bei der Entstehung von Hautkrebs ist die Exposition gegenüber UV-Strahlung. Eine arzneimittelinduzierte Phototoxizität kann das karzinogene Potenzial der Sonneneinstrahlung potenzieren. Hydrochlorothiazid (HCT) wurde mit einem erhöhten Risiko für nichtmelanozytäre Karzinome (NMSC) wie Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome (weißer Hautkrebs) in Verbindung gebracht. Das erhöhte Risiko ging mit einer steigenden kumulativen HCT-Dosis einher.

Auch in der S3-Leitlinie zur Prävention von Hautkrebs wird auf die begünstigte Entwicklung von nichtmelanozytärem Hautkrebs unter HCT hingewiesen.

Bislang ist allerdings nicht klar, ob die Einnahme von Thiazid-Diuretika auch das Auftreten von Melanomen (schwarzer Hautkrebs) begünstigt. Für andere Antihypertensiva existieren widersprüchliche Daten.

Ist auch das Risiko für Melanome erhöht?

In einer kanadischen, populationsbasierten Kohortenstudie wurde deshalb das Auftreten von NMSC sowie Melanomen in Abhängigkeit von der kumulativen Dosis verschiedener Antihypertensiva untersucht. Das waren Thiazid-Diuretika, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Antagonisten, Calciumkanalblocker und Betablocker.

Ausgewertet wurden die Daten von mehr als 300 000 Patienten über 65 Jahre, die mindestens ein Jahr und höchstens 20 Jahre lang eine antihypertensive Therapie erhielten. Als Vergleichsgruppe dienten doppelt so viele Patienten, die ein anderes, nicht antihypertensives Arzneimittel bekamen.

Erhöhtes Risiko für weißen und schwarzen Hautkrebs

Eine steigende HCT-Exposition war mit einer erhöhten Inzidenzrate für verschiedene Hautkrebsformen assoziiert:

  • NMSC (adjustiertes Harzard-Ratio [HR] pro definierter Jahresdosis 1,08, 95%-KI 1,03–1,14)
  • fortgeschrittenes NMSC (adjustiertes HR 1,07, 95%-KI 1,01–1,78)
  • Melanomen (HR 1,34, 95%-KI 1,01– 1,78)

Für andere Antihypertensiva wurde kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von NMSC oder Melanomen gefunden.

Hautkrebsprävention unter HCT-Therapie

Diese Kohortenstudie konnte das erhöhte Risiko für nichtmelanozytäre Karzinome bestätigen, aber auch eine erhöhtes Melanom-Risiko unter einer Hydrochlorothiazid-Therapie zeigen.

In der Apotheke macht sich der Hinweis auf das erhöhte Hautkrebsrisiko bereits bemerkbar. Viele Hypertonie-Patienten erhalten nun nicht mehr die Kombination aus RAS-Blocker (ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonist) mit Hydrochlorothiazid, sondern eine Kombination mit Amlodipin. Beide Wirkstoffe, sowohl Diuretikum als auch Calciumkanalblocker, werden in der Leitlinie der European Society for Cardiology für die Kombinationstherapie mit einem ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker für die Erstlinientherapie bei arterieller Hypertonie empfohlen. Patienten, die weiterhin Hydrochlorothiazid verordnet bekommen, sollten auf entsprechende Präventionsmaßnahmen hingewiesen werden.

In den Fachinformationen findet sich bereits seit 2019 ein entsprechender Hinweis. Patienten, die HCT einnehmen sollen über das erhöhte Hautkrebsrisiko aufgeklärt werden, ihre Haut regelmäßig auf neue Läsionen prüfen und bei verdächtigen Hautveränderungen unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Zusätzlich sollten den Patienten vorbeugende Maßnahmen empfohlen werden, um das Hautkrebsrisiko zu minimieren.