Club 27 – Ein Mythos?

Im Club 27 werden bekannte Musiker zusammengefasst, die im Alter von 27 Jahren starben. Die berühmtesten waren wohl Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und Amy Winehouse. Beim Deutschen Schmerz- und Palliativtag, der vom 9. bis 13. März 2021 online stattgefunden hat, deckte Prof. Dr. Borwin Bandelow im Vortrag „Endorphine, Stress und Persönlichkeit“ eine Gemeinsamkeit dieser und weiterer jung verstorbener berühmter Musiker auf, die diesen frühen Tod möglicherweise verursachte.

Sex, Drugs and Rock’n’Roll

Laut einer britischen Publikation haben Rockstars ein 240-fach erhöhtes Risiko, durch Alkohol oder Drogen zu sterben. Laut Bandelow zeigen auffallend viele dieser Musiker – nicht nur der Club 27, sondern auch andere wie Michael Jackson oder Whitney Houston – Symptome einer Borderline-Störung. Dazu zählen unter anderem

  • Impulskontrollstörung (z. B. Aggressionen)
  • Sensation-seeking behavior (z. B. Extremsport, Bühnenauftritte, riskantes Sexualverhalten)
  • Sucht (z. B. Alkohol, Drogen)
  • Essstörungen (z. B. Bulimie)
  • Selbstverletzendes Verhalten
  • Depressionen inkl. Suizidversuchen
  • Unfähigkeit zur Selbstkritik, Egoismus
  • Narzissmus, Eitelkeit

Eine Frage der Endorphine?

Eine Theorie ist, dass eine Borderline-Störung auf eine Fehlfunktion des endogenen Opiatsystems zurückzuführen ist. Normalerweise binden körpereigene Endorphine an Opiatrezeptoren und lösen so Euphorie und Wohlgefühle aus. Ausgeschüttet werden Endorphine sowohl in Stresssituationen (Kampf und Flucht) als auch durch Befriedigung primärer menschlicher Bedürfnisse („ernähren und vermehren“).

Möglicherweise ist dieser Mechanismus bei Borderline-Patienten reduziert, was zu einem Leeregefühl und gedrückter Stimmung führt. Durch extreme Verhaltensweisen wird die Endorphin-Ausschüttung angekurbelt und die Fehlfunktion kompensiert.

Manche dieser Verhaltensweisen sind mit dieser Theorie leicht nachvollziehbar, während andere über Umwege erklärbar sind:

  • Viele Drogen wirken direkt am Opiatsystem
  • Sensation-seeking behavior: Eine Gefahr unbeschadet überstanden zu haben, setzt Endorphine frei
  • Bulimie: Essen ist ein primäres Bedürfnis, das das Belohnungssystem aktiviert
  • Selbstverletzendes Verhalten: Fließt Blut, wird der Körper durch dieses Alarmsignal in eine Art Überlebensmodus versetzt, der zur Endorphinausschüttung führt
  • Aggression hat direkte Belohnungseffekte („Jagdinstinkt“)
  • Narzissmus, Eitelkeit: Erlangen von Aufmerksamkeit und Zuwendung (menschliche Bindungen ebenfalls durch Endorphine ermöglicht)

Bandelow berichtete von erfolgreichen Behandlungen von Borderline-Patienten mit Naltrexon. Durch Blockade der Opiatrezeptoren bleibt der Belohnungseffekt durch das selbstschädigende Verhalten aus.

Live fast, love hard, die young

Nicht nur Musiker oder andere Berühmtheiten mit Borderline-Störung sterben jung, sondern auch andere Studien zeigen ein Durchschnittsalter von 27 bei Borderline-Patienten, so Bandelow.

Kein Spuk oder Fluch, sondern brutale Realität dieser Erkrankung!

In diesem Alter hat eine Borderline-Störung ihren Höhepunkt und dementsprechend kommt es dann besonders oft zu Überdosierungen, riskantem Verhalten oder Suiziden.

Quelle

Endorphine, Stress und Persönlichkeit; Prof. Dr. Borwin Bandelow. Deutscher Schmerz- und Palliativtag vom 9.  bis 13. März 2021 online.