Werbung für ungesunde Lebensmittel beeinflusst das Konsumverhalten vor allem jugendlicher Zuschauer und ist daher in einigen Ländern mittlerweile eingeschränkt. Doch wie ist es um die Ernährung von Filmfiguren bestellt, die möglicherweise ebenso Einfluss auf das Essverhalten der Zuschauer haben?
Filmemarathon für die Wissenschaft
In einer aktuellen Studie wurden die zehn Top-Box-Office-Erfolge in den USA aus 25 Jahren (1994 bis 2018; Einspielergebnis 164 Milliarden US-Dollar) hinsichtlich der Qualität der gezeigten Lebensmittel untersucht. Neben der reinen Darstellung von Gewohnheiten des entsprechenden Produktionslandes könnte auch das Essverhalten beeinflusst werden. So haben beispielsweise Kohortenstudien bereits gezeigt, dass der Alkohol- und Zigarettenkonsum bei Jugendlichen steigt, wenn sie entsprechende Darstellungen in Filmen gesehen hatten.
Zwei Wissenschaftler sahen alle Filme an und dokumentierten und kategorisierten alle gezeigten Lebensmittel inklusive Getränke möglichst genau (z. B. „Schokoladeneis im Hörnchen“ statt „Eis“). Ausgewertet wurde unter anderem die Kategorisierung der Nahrungsmittel nach dem Nutrient Profile Index (NPI) und dem britischen Ampelsystem. Zudem wurden sie mit offiziellen Ernährungsempfehlungen verglichen und die Autoren überprüften auch, ob es Unterschiede zwischen erkennbaren Markenprodukten und nicht gekennzeichneten Lebensmitteln gab. Eine weitere Frage war, ob Kinderfilme andere Ergebnisse erzielen oder sich die Darstellung über die Zeit veränderte.
Viel Zucker, Fett und Alkohol
Die Wissenschaftler fanden 9198 Lebensmittel in 245 Filmen und 5748 Getränke in 246 Filmen. Davon wurde in über 70% der Filme das Essen und über 90% der Filme die Getränke als nicht gesund eingestuft (NPI <64 bzw. <70 für Essen bzw. Getränke). Besonders oft zu sehen waren Snacks und Süßigkeiten (2173; 23,6%) sowie alkoholische Getränke (2303; 40,1%).
Rotes Licht für Filmessen
Gemessen an den britischen Einschränkungen für Lebensmittelwerbung erfüllen 73% (Essen) bzw. 90% (Getränke) der Filme die Kriterien nicht. Auch beim Ampelsystem fielen die Filmmahlzeiten weitgehend durch (orange oder rot):
- Zuckergehalt (229 von 245 Filmen; 93,5%)
- Gesättigte Fette (208 von 245 Filmen; 84,9%)
- Fett (228 von 245 Filmen; 93,1%)
- Natrium (123 von 245 Filmen; 50,2%)
Älteres Publikum – mehr Alkohol
Der Alkoholkonsum war umso höher, je höher die Altersfreigabe der Filme war (vier Stufen):
- 23 von 127 Getränken (18,1%) in allgemein freigegeben Filmen („G-rated“)
- 268 von 992 Getränken (27,0%) in Filmen der Kategorie „PG-rated“ (elterliche Anleitung empfohlen)
- 1503 von 3592 Getränken (41,8%) in Filmen der Kategorie „PG-13–rated“ (Warnung für Eltern: könnte für Kinder unter 13 Jahren nicht geeignet sein)
- 509 von 1037 Getränken (49,1%) in Filmen der Kategorie „R-rated“ (kein Zugang für Unter-17-Jährige ohne Erziehungsberechtigten)
Insgesamt war die Ernährung in Kinderfilmen jedoch nicht gesünder als in anderen Filmen und es war auch keine Verbesserung über die Zeit zu verzeichnen.
Gelabelte Produkte kamen seltener (11,5%) vor, waren aber im Durchschnitt ungesünder als nicht namentlich gekennzeichnete.
Top 3 – Marken [Anzahl Nennungen]
Essen | Getränke | Restaurants |
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Effekt auch bei gesunder Ernährung möglich?
Die Autoren sehen hier die Chance zur positiven Beeinflussung: Mehr gesundes Essen in Filmen könnte auch die Bevölkerung dazu bringen, sich weniger ungesund zu ernähren.
Untersuchungen, ob der Effekt umgekehrt wirklich eintritt, gibt es bisher keine. Würden wir James Bond auch zitieren, wenn er statt einer Leidenschaft für Wodka Martini (geschüttelt, nicht gerührt) eine ausgeprägte Vorliebe für grünen Tee (4 Minuten gezogen, ohne Zucker) hätte?
Quelle
Turnwald BP, et al. Nutritional Analysis of Foods and Beverages Depicted in Top-Grossing US Movies, 1994-2018. JAMA Intern Med. doi:10.1001/jamainternmed.2020.5421. Published online November 23, 2020.