Kolonkarzinome: Besser genau hinschauen!

Das Karzinomrisiko unterscheidet sich innerhalb der verschiedenen Kolonabschnitte – sogar innerhalb der Unterteilungen proximal, distal und rektal. Wie sich die einzelnen Risikofaktoren auf den Dickdarm verteilen, haben chinesische und US-amerikanische Forscher ausgewertet.

Große Heterogenität beim Kolonkarzinom

Dickdarmkrebs unterscheidet sich ätiologisch und klinisch in verschiedene Subtypen. Die molekularen Eigenschaften und Risikofaktoren sind unterschiedlich – je nach anatomischem Abschnitt: proximal, distal oder rektal. Es gibt mittlerweile sogar Hinweise, dass diese Heterogenität sich noch weiter auffächert – und zwar noch innerhalb dieser einzelnen Kolonabschnitte. Denn sowohl  das Vorhandensein einzelner Mutationen als auch die Mikrobiom-Zusammensetzung unterscheiden sich in den einzelnen Unterabschnitten des Kolons.

Aus drei großen US-amerikanischen Kohortenstudien (Nureses‘ Health Study, Nurses‘ Health Study 2 und The Health Professionals Follow-up Study) mit insgesamt mehr als 289.000 Männern und Frauen aus dem Gesundheitswesen wurden 24 verschiedene Risikofaktoren im Hinblick auf das Kolonkarzinom über sieben verschiedene anatomische Kolonabschnitte (siehe Abbildung) untersucht:

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Schematische Übersicht des Dickdarms und seiner Abschnitte; Grafik: bilderzwerg /AdobeStock.com
  • Proximaler Abschnitt: Caecum (Blinddarm), Colon ascendens (aufsteigender Teil), Colon transversum (Querteil)
  • Distaler Abschnitt: Colon descendens (absteigender Teil), Sigma (S-förmiger Teil)
  • Rektaler Abschnitt: Rektosigmoid (Übergang vom Kolon zum Rektum), Rektum (Mastdarm)

Die Verteilung wichtiger Biomarker wie MSI (Mikrosatelliteninstabilität), CIMP (Hypermethylierung), BRAF- und KRAS-Mutationen wurde ebenfalls bestimmt.

Für die Auswertung standen Daten für 24 Risikofaktoren zur Verfügung. Das waren sowohl nichtdiätetische Faktoren wie Körpermaße, körperliche Aktivität, ASS-Einnahme und endoskopische Vorsorgeuntersuchungen als auch Ernährungsgewohnheiten (Ballaststoffe, rotes Fleisch etc.).

Bei den mehr als 45.000 Männern und 178.000 Frauen, die im Mittel über 23 Jahre beobachtet wurden, traten 3058 Kolonkarzinome auf, die anatomisch lokalisiert werden konnten.

Alter, Geschlecht und Darmspiegelung

Das Risiko für ein Kolonkarzinom in Abhängigkeit vom Alter nahm vom Caecum bis zum Rektum ab (Hazard-Ratio [HR] für 5 Jahre von 1,62 bis 1,32). Ebenso war es bei der familiären Vorbelastung (HR von 1,86 bis 1,10).

Im Gegensatz dazu nahm das Hazard-Ratio bei endoskopischen Vorsorgeuntersuchungen vom Caecum bis zum Rektum zu (HR 0,75 bis 0,5).

Beim weiblichen Geschlecht ergab sich das höchste Hazard-Ratio im aufsteigenden Kolon und das niedrigste im Sigma.

Körpermaße und Lifestylefaktoren

Nur bei Männern gab es beim distalen Kolonkarzinom eine statistisch signifikante Heterogentität beim Bauchumfang. Im absteigenden Kolon betrug das HR pro 10 cm Umfang 1,83 und im Sigma 1,27.

Eine Zunahme des HR gab es vom Caecum in Richtung Colon transversum für Alkoholkonsum und Rauchen in einem Alter unter 30 Jahren.

Ernährung

Eine Zunahme des Kolonkarzinomrisikos wurde vom Caecum zum Rektum in Abhängigkeit vom Konsum von Getreide, Ballaststoffen aus Getreide und unverarbeitetem rotem Fleisch gefunden. Bei der Folsäure-Einnahme wurde ein Unterschied zwischen absteigendem Kolon und Sigma gefunden (HR pro 400 mg/d 1,1 und 0,76).

Auch eine entzündungfördernde Ernährung hatte Einfluss; hier ergab sich ein erhöhtes Karzinomrisiko im Caecum und Sigma. Im Gegensatz dazu war eine Ernährung, die zu einer Hyperglykämie führt, mit einem  erhöhten Karzinomrisiko im transversen und absteigenden Kolon assoziiert.

Schlechte Ernährung und Übergewicht: Kolonkarzinome im Alter

Alter und familiäre Vorbelastung waren eher mit dem frühen Auftreten eines Kolonkarzinoms assoziiert. BMI, Bauchumfang und Getreideaufnahme waren eher mit dem Auftreten in späteren Jahren assoziiert. Die Körpergröße war mit einem höheren Risiko für ein frühes Auftreten eines Kolonkarzinoms assoziiert.

Die Verteilung der Tumoren innerhalb des Kolons unterschied sich hier nicht zwischen dem frühen oder späten Auftreten eines Kolonkarzinoms. Die regelmäßige ASS-Einnahme war mit einem niedrigeren Kolonkarzinomrisiko über alle anatomischen Abschnitte reduziert.

Genauer Differenzierung könnte sich lohnen

Die bisherige Einteilung der Kolonkarzinome in die drei Bereiche proximal, distal und rektal könnte zu grob sein. Eine genauere Differenierung in die verschiedenen Kolonabschnitte könnte uns die Ätiologie besser verstehen lassen und auch zu einer Verbesserung von Präventionsstrategien beitragen.

Die Aufnahme von Ballaststoffen reduzierte das Kolonkarzinomrisiko und zwar von Caecum in Richtung Rektum. Das klingt plausibel, da das Rektum geno- und zytotoxischen Schädigungen durch die längere Transitzeit und die Speicherung der fäkalen Masse zu einem höheren Maß ausgesetzt ist.

Endoskopische Voruntersuchungen reduzieren zwar die Inzidenz und Mortalität von Kolonkarzinomen, bei der Diagnostik des proximalen Kolonkarzinoms scheinen sie jedoch weniger effektiv zu sein, was mit der Anatomie und auch der Durchführung der Untersuchung zusammenhängen mag.

Die Autoren der Originalstudie haben die wichtigsten Risikofaktoren der einzelnen Kolonabschnitte in einer Abbildung zusammengefasst.