Wahrheit oder Sieg – Willst du, dass der Fisch umsonst gestorben ist?

Am 28. und 29. März sollte der diesjährige Frühjahrskongress in Villingen-Schwenningen stattfinden. Aus bekannten Gründen war das dieses Mal nicht möglich. Deshalb wurden die Vorträge als Webkongress angeboten.

Für Heilberufler ist Kommunikation ein wichtiger Bestandteil des Alltags, sei es im Austausch mit Kollegen oder im Dialog mit Kunden oder Patienten. Wer aus einem Gespräch auf jeden Fall als Sieger hervorgehen möchte, für den hatte Wladislaw Jachtchenko, München, ein paar schmutzige Tipps aus der Trickkiste der schwarzen Rhetorik parat.

Schwarze Rhetorik – was ist das überhaupt?

Wer aus einem Gespräch um jeden Preis als Sieger hervorgehen möchte, ist sicher ein Fan der schwarzen Rhetorik. Hier geht es eher um Manipulation als um sachliche Argumentation. Trotzdem ist schwarze Rhetorik nicht per se etwas Schlechtes: man kann andere auch zu ihrem besten manipulieren. So den kleinen Leon-Tiberius …

Die drei Säulen der schwarzen Rhetorik

Scheinargumente

Der kleine Leon-Tiberius mag keinen Fisch. Seine Mutter möchte aber gerne, dass er ihn trotzdem isst, weil er so gesund ist. Die vielen Omega-3-Fettsäuren, die der Fisch enthält und die so gut für das Immunsystem sind, überzeugen Leon wenig. Ein trauriger Blick und ein „Willst du, dass der Fisch ganz umsonst für dich gestorben ist?“ ziehen dagegen sofort und Leon leert zügig seinen Teller. Schamlos ausgenutzt: das Mitleidsargument.

Ebenfalls bekannt und oft und gerne genutzt wird das Traditionsargument, besser bekannt als „das haben wir schon immer so gemacht!“ Leider sagt ein „das haben wir schon immer so gemacht!“ nichts über die Qualität aus. Vielleicht war’s dann auch schon immer schlecht (ich möchte an Zeiten erinnern, in denen man Patienten zur Ader ließ, um sie zu heilen oder sich zum Zwecke der Empfängnisverhütung Katzenleber um den linken Fuß band …).

Auch oft erfolgreich ist erstaunlicherweise das Ad-nauseam-Argument („bis zum Erbrechen“), das auch Wiederholungsargument genannt wird. Man argumentiert nicht wirklich, sondern sagt immer wieder, was man will und kommt mit dieser Zermürbungstaktik häufig auch ans Ziel.

Kognitive Verzerrung

Beispiele für kognitive Verzerrungen sind die Autoritäts-, Sympathie- und Konsistenzfalle.

Wer seine Diplome im Büro aufhängt und den Doktortitel auf dem Namensschild herumträgt, dem wird mehr Kompetenz zugesprochen als Menschen mit gleichwertigen Abschlüssen und Wissen, die auf die offene Darstellung ihrer Qualifikationen verzichten.

Auch wer lächelt und freundlich ist (selbst, wenn er es gar nicht so meint), hat eher Chancen, sein Ziel zu erreichen als ein mürrisch daherkommender Zeitgenosse.

Die meisten Menschen wollen konsequent handeln. Dieses Streben nach Konsistenz kann man ausnutzen, wie es beispielsweise im Verkauf gerne gemacht wird. „Sie haben diese Schuhe ausgewählt?! Die können Sie nur mit dieser passenden Schuhcreme optimal pflegen und so lange erhalten.“ Wer sagt da schon nein?

Sprachliche Tricks

Sprachliche Tricks gibt es zu hauf wie unter anderem Metapher oder Paraphrasen. Auch die Nutzung von komplizierten Fremdwörtern kann überzeugend sein. Eigentlich sollten Heilberufler eine einfache, patientengerechte Sprache verwenden, damit sie auch verstanden werden. Als kleine Überzeugungshilfe bei Patienten, die Beratung gegenüber skeptisch sind, kann aber das ein oder andere eingestreute Fremdwort besondere Kompetenz signalisieren und dementsprechend durchaus hilfreich sein.

Eine Zuhörerumfrage während des Vortrags ergab übrigens, dass über 40% gerne mal in ihrem privaten Umfeld manipulieren. Im beruflichen Umfeld dagegen verlassen sich die meisten lieber auf stichhaltige Argumente – also die weiße Rhetorik.