Sie sind vertieft in den neusten Star Wars oder stöbern gerade im Reiseführer von NYC? Es knackt im Lautsprecher: „Ist ein Arzt an Bord?“ Medizinische Notfälle an Bord eines Flugzeugs sind selten, aber sie kommen vor. Was nun? Sitzenbleiben? Melden?
Wie häufig ist „selten“?
Ein aktueller Review gibt Zahlen von einem Notfall pro 604 Flüge bzw. 24 bis 130 Notfällen pro eine Million Passagiere an. Beispielsweise die Lufthansa geht davon aus, dass die Zahl der Notfälle tendenziell zunehmen wird, da immer häufiger ältere Passagiere sowie Menschen mit Vorerkrankungen mitfliegen und die Strecken auch länger werden, um den noch so entlegensten Winkel der Welt zu erreichen.
Bei etwa 4% der medizinischen Notfälle an Bord muss der Flieger außerplanmäßig landen, um eine schneller Versorgung zu ermöglichen. Ansonsten sind viele Verkehrsflieger mittlerweile extrem gut mit medizinischem Equipment inklusive Defibrillatoren und Notfallmedikamenten ausgerüstet.
Was sind die häufigsten Notfälle an Bord?
Viele Beschwerden sind den Bedingungen in der Kabine geschuldet: niedriger Kabinendruck (vergleichbar mit einer Höhe von 2500 Metern in den Bergen) sowie niedriger Sauerstoffpartialdruck, geringe Luftfeuchtigkeit, beengte Sitzplätze und wenig Bewegung.
Die häufigsten medizinischen Notfälle an Bord eines Flugzeugs sind dementsprechend Synkopen oder Beinahe-Synkopen (32,7 %). Es folgen gastrointestinale (14,8 %), respiratorische (10,1 %) und kardiovaskuläre (7 %) Symptome.
Selten sind dagegen Herzstillstand, gynäkologische Notfälle inkl. Geburt oder Allergien (alle unter 2 % der eingetretenen Notfälle).
Muss man sich melden?
In Deutschland ist man gesetzlich zur Hilfe verpflichtet, so auch in vielen anderen europäischen Staaten oder Australien. In den USA, Kanada, England oder Singapur beispielsweise existieren keine entsprechenden Gesetze. Moralisch betrachtet ist einfach sitzenbleiben jedoch definitiv fragwürdig.
Lufthansa, Austrian Airlines und SWISS bieten gegen eine kleine Vergünstigung die Registrierung im „Arzt an Bord“ Programm an: Man lässt sich als Arzt mit seiner Fachrichtung erfassen und kann so im konkreten Notfall während des Flugs gezielt angesprochen werden.
Zusätzliche Hilfe kann man vom Bordpersonal bekommen, das regelmäßig in erster Hilfe ausgebildet wird, sowie von Flug- und Notfallmedizinern am Boden per Satellitentelefon. Große Fluggesellschaften haben in der Regel zusätzlich Verträge mit entsprechenden Kompetenzzentren.
Besonderes Glück hatte 2004 übrigens Dorothy Fletcher aus Liverpool: Sie erlitt zwar auf einem Flug nach Florida einen Herzinfarkt, es eilten aber gleich 15 Kardiologen zu ihrer Rettung, die allesamt auf dem Weg zu einer kardiologischen Fachtagung waren.