Nährstoffe: Lasst Haare sprießen!

Die Auswahl an Nahrungsergänzungsmitteln und pflanzlichen Wirkstoffen, die Lücken im Haarschopf wieder füllen sollen, ist groß. Welche helfen wirklich?


Diverse Wirkstoffe im Angebot

Studien zufolge greifen Patienten mit kreisrundem Haarausfall (Alopecia areata) oder erblich bedingter androgenetischer Alopezie häufig zu Präparaten aus der Komplementärmedizin. Ebenso wie die Arzneimittel Finasterid und Minoxidil sollen Vitamine und Antioxidanzien (z.B. Carotinoide und Tocotrienole) sowie weitere sogenannte Nutriceuticals den Haarwuchs stimulieren, in einer Reihe mit sekundären Pflanzenstoffen und weiteren Substanzen. Grundsätzlich ein guter Ansatz, denn die Follikelfunktion wird durchaus von der Versorgung mit Mikronährstoffen wie B-Vitaminen, Vitamin D sowie Zink beeinflusst. Zudem wird angenommen, dass immunmodulierende Substanzen einen Effekt haben können, ebenso wie eine verbesserte Durchblutung der Kopfhaut.

Da entsprechende Produkte nicht nur mit hohen Kosten verbunden sind, sondern bei Überdosierung oder Wechselwirkungen auch Schaden erzeugen können, ist eine Analyse sinnvoll. Eine systematische Überprüfung von 30 veröffentlichten Originalstudien aus den Datenbanken MEDLINE, Embase und CINAHL bewertete die Evidenz für die potenzielle Wirksamkeit verschiedener Haarwuchsmittel. Die Liste der untersuchten Produkte reicht von Antioxidanzien bis Zink und schloss außerdem spezielle Kombipräparate verschiedener Arzneimittelhersteller mit ein. In die Auswertung flossen 17 randomisierte klinische Studien (RCTs), elf klinische Studien (Nicht-RCT) und zwei Fallserien ein. Für zwölf Ernährungsinterventionen lag eine hohe Studienqualität vor, Studiendesigns und Stichprobengröße waren teilweise jedoch sehr unterschiedlich.

Enzyme, Hormone und andere Ideen

Dreh- und Angelpunkt bei vielen Präparaten zur Behandlung von Haarausfall ist das Enzym Steroid-5-α-Reduktase (SRD5). Es dient als Katalysator für die Umwandlung von Testosteron in Dihydroxytestosteron, das wiederum als Mediator der androgenen Alopezie gilt. Beispielsweise setzt Finasterid hier an.
Ähnliches gilt für das Hormon Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) mit proliferativer Wirkung: Substanzen, die dessen Produktion anregen können, werden ebenfalls gegen Haarausfall eingesetzt, etwa Capsaicin. Darüber hinaus werden Probiotika zur verbesserten Durchblutung sowie verschiedene Substanzen, die bei Mangelversorgung zu dünnem oder ausfallendem Haar führen, als Supplemente angeboten.

Gute Ergebnisse für etliche Produkte

Der systematische Review ergab die höchste Evidenz für einen potenziellen Nutzen im Krankheitsverlauf für folgende Nahrungsergänzungsmittel: Nourkrin® und Viviscal® (beides marine Omega-3- und -6-Fettsäuren), Nutrafol® (Komplex aus pflanzlichen entzündungshemmenden, antioxidativen und DHT-hemmenden Wirkstoffen), Lamdapil® (L-Cystin plus Sägepalmenextrakt und Silizium), Pantogar® (Keratin plus L-Cystin), die Kombination aus Capsaicin und Isoflavonen, Procyanidin-B2 aus Äpfeln, Glucosiden aus Pfingstrosen und Süßholz, außerdem für Zink, Tocotrienole und Kürbiskernöl.

Für eine lediglich niedrige Evidenz sprachen sich die Studienautoren aus in Bezug auf Vitamin D3 sowie die Nahrungsergänzungsmittel Mogut® (Kimchi und fermentierte Sojapaste Cheonggukjang) und für Forti5 (Q-SkinScience®, Antioxidanzien plus Melatonin, Cholecalciferol, Soja-Phytoöstrogene und pflanzliche SRD5-Inhibitoren).

Keine signifikanten Beweise, sonden einzelne geringe Effekte konnten für Extrakte aus Sägepalme allein und Miliacin, einer Substanz aus Hirse, ermittelt werden.

Einen Versuch wert

Die Schlussfolgerung der Studienautoren lautete: Ernährungsinterventionen können bei einigen Patienten mit Haarausfall durchaus positive Effekte erzielen. Nebenwirkungen sind selten und in der Regel nicht schwerwiegend, dennoch sollte die Anwendung in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Quelle

Drake L, Reyes-Hadsall S, Martinez J, Heinrich Cet al. Evaluation of the safety and effectiveness of nutritional supplements for treating hair loss: a systematic review. JAMA Dermatol 2022. doi: 10.1001/jamadermatol.2022.4867. Epub ahead of print. PMID: 36449274.