In einigen Ländern werden zuckerhaltige Getränke besteuert, um deren Verzehr zu bremsen. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob durch die Besteuerung der Getränke stattdessen der Verkauf nicht besteuerter zuckerhaltiger Produkte angekurbelt wird.
Weniger Zucker für mehr Gesundheit
Zugesetzter Zucker in Lebensmitteln wird als Mitverursacher verschiedener gesundheitlicher Probleme wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingestuft. In einigen Ländern wird eine Zuckersteuer erhoben, um den Zuckergehalt von Lebensmitteln und damit auch dessen Konsum zu senken. So auch in manchen Bundesstaaten der USA.
Eine aktuelle Studie sollte klären, ob die Einführung der Steuer auf zuckergesüßte Getränke wirklich zu einer Reduktion des Zuckerkonsums führt oder ob dadurch ein Mehrverkauf von nicht besteuerten zuckerhaltigen Produkten stattfindet.
Mehr Süßigkeiten, aber weniger Zucker insgesamt
In der Studie wurde ausgewertet, wie sich der Verkauf von Zucker aus verschiedenen Produkten in Seattle, Washington, ein und zwei Jahre nach Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke entwickelte (in Gramm). Betrachtet wurden die besteuerten Getränke wie Limonaden, Energydrinks oder Kaffee sowie Süßigkeiten, nicht besteuerte Getränke wie Milchgetränke und reiner Zucker. Als Vergleich diente Portland, Oregon, ohne eine solche Steuer.
Sowohl ein Jahr als auch zwei Jahre nach Einführung der Steuer war die verkaufte Zuckermenge aus betroffenen Getränken um 23% reduziert. Dafür erhöhte sich die Zuckermenge aus Süßigkeiten in beiden Jahren jeweils um 4% und zumindest im ersten Jahr nach Einführung der Steuer wurde auch 4% mehr Zucker aus nichtbesteuerten Getränken konsumiert. Keine Veränderung gab es dagegen beim Verkauf von reinem Zucker.
Die Autoren resümieren, dass zwar ein Teil des bei den besteuerten Getränken eingesparten Zuckers durch einen erhöhten Süßigkeitenverzehr kompensiert wird, aber die Gesamtmenge an verkauftem Zucker trotzdem um knapp ein Fünftel reduziert war. Somit sei die Steuer möglicherweise ein geeignetes Mittel, Zuckerkonsum dauerhaft zu reduzieren.
Kommentar
Auch in Deutschland wird die Zuckersteuer regelmäßig als Heilsbringer gegen Übergewicht, Diabetes und andere Erkrankungen diskutiert. Wie viel sie wirklich für die Gesundheit bringt, ist kaum nachweisbar.
Weniger Zucker zu essen ist sicher sinnvoll – fragt sich nur, was stattdessen zu sich genommen wird. In Großbritannien beispielsweise haben viele Hersteller nach Ankündigung der Unternehmenssteuer auf gezuckerte Getränke den Zuckergehalt reduziert – allerdings oft bei gleichzeitiger Erhöhung des Süßstoffgehalts (PDF).
„Kalorienärmer“ ist aber nicht zwangsläufig mit „gesünder“ gleichzusetzen: Bei den meisten Süßstoffen ist noch nicht abschließend geklärt, inwieweit sich ein hoher Konsum langfristig auf die Gesundheit auswirkt. Es gibt jedoch zahlreiche Untersuchungen, dass auch Süßstoffe nicht gerade gesundheitsfördernd sind. Sie können beispielsweise die Darmflora negativ beeinflussen oder das gleiche kardiovaskuläre Risiko haben wie normaler Zucker. Überdies bleiben Limonaden hochverarbeitete Produkte, die generell wegen ihres gesundheitsschädlichen Potenzials in der Kritik stehen – egal womit sie gesüßt sind.
Die Zuckersteuer kommt für mich eher wie ein typischer politischer Aktionismus daher: Seht her, wir haben etwas getan. Geld in die Staatskasse bringt sie außerdem, während andere Maßnahmen, die als hilfreich gelten, eher Geld kosten. Dazu zählen beispielsweise ausgewogenes Schulessen, Koch- und Ernährungsunterricht an Schulen, geförderte Sport- und Ernährungsprogramme.
Quelle
Powell LM, et al. Evaluation of Changes in Grams of Sugar Sold After the Implementation of the Seattle Sweetened Beverage Tax. JAMA Network Open. 2021;4(11):e2132271. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.32271